. .

Schluckstörungen bei Erwachsenen

 

Worum geht es?

Eien Wasserkarraffe mit Limone und Zitrone

Ein gesunder Mensch schluckt am Tag ca. 2000 mal. Die Schluckfunktion ist nicht nur wesentlicher Bestandteil unserer Nahrungsaufnahme, sondern dient auch dem Schutz unserer Atemwege, denn Getränke, Nahrung und Speichel sollen nicht ihren Weg in die Lunge, sondern über die Speiseröhre in den Magen finden.

 

Menschen mit einer Schluckstörung erleben die Schwierigkeit einer teilweisen bis komplett veränderten Nahrungsaufnahme. Das Schlucken fällt den Betroffenen schwer, ist insuffizient oder in schweren Fällen gar nicht mehr möglich. Häufig sind Pneumonien durch aspiriertes Sekret aus dem Mund – und Rachenraum bzw. durch Reste aus der Nahrung, welche in die Lunge geraten, Folge einer solchen Schluckstörung. Den davon betroffenen Patienten geht nicht nur ein großes Stück Lebensqualität und Mühelosigkeit verloren, sondern Untergewicht, soziale Isolation und Depression sind, neben immer wieder auftretenden Infekten, häufige Folgen einer Dysphagie. Verschlucken macht Angst! Die von einer Schluckstörung betroffenen Menschen und deren Angehörige ziehen sich häufig aus der Gemeinschaft zurück.

 

Ursachen:

Die wesentlichen Faktoren, welche zu einer Dysphagie ( Schluckstörung ) führen können, werden in 4 Hauptgruppen unterteilt:

 

Neurogene Erkrankungen:

  • Cerebrale Durchblutungsstörungen/Schlaganfall
  • Schädel-Hirn-Traumata
  • Hirntumore
  • Hirnoperationen
  • Celebrate entzündliche Prozesse (z.B. Enzephalitis)
  • Morbus Parkinson
  • Bulbärparalysen
  • Multiple Sklerose
  • Amyotrophe Lateralsklerose
  • Myastenia gravis
  • Ataxien, Dystonien
  • lokale organische Schädigungen

Strukturelle Veränderungen:

Dysphagien als Folge von Erkrankungen des Oropharynx ( Mundhöhle ) und Larynx ( Kehlkopf ) , sowie der Speiseröhre. Schluckstörung als Folge eines chirurgischen, radiologischen und chemotherapeutischen Eingriffs ( z.B. nach Tumorbehandlung ) Presbyphagie aufgrund des natürlichen Alterungsprozesses von uns Menschen und damit einhergehende Minderbeweglichkeit der am Schlucken beteiligten Organe.

 

Psychogene Ursachen:

Veränderung des Schluckakts als Folge eines traumatischen Ereignisses oder im Kontext einer psychischen Grunderkrankung.

 

Medikamentöse Ursachen:

Pharmakologische Substanzen mit Einfluss auf Tonus, Geruchs- und Geschmacksempfinden und Auswirkungen auf die Vigilanz.

 

Eine Frau mit einem Marmeladenbrot

Erscheinungsformen:

Eine oder alle Phasen des Schluckakts sind teilweise oder völlig verändert.

 

Orale Vorbereitungsphase:

Der Patient kann die Nahrung nicht vorbereiten. Er ist nicht in der Lage die Nahrung auf dem Teller anzurichten bzw. selbständig zum Mund zu führen.
Menschen mit Bewegungsstörungen oder einer demenziellen Erkrankung sind davon häufig betroffen.

 

Orale Phase:

Die Nahrung kann nicht in ausreichendem Maße zerkleinert bzw. durch die Zunge transportiert werden. Die Betroffenen kauen lange auf der Nahrung herum und erleben ein Gefühl des „immer mehr Werdens“ im Mund. Nach dem Schlucken verbleiben Reste im Mund.
Nahrung wird erst gar nicht in der Mundhöhle toleriert ( path. Reflexe, gestörte Sensorik )
Ein verändertes Temperatur und Geschmacksempfinden, sowie eine veränderte Speichelproduktion können das Schlucken stark erschweren bis unmöglich machen.

 

Pharyngeale Phase:

Der Schluckreflex löst zu früh, zu spät oder gar nicht aus. Die Kehlkopfhebung kann beeinträchtigt sein. Eine Schluckstörung tritt immer auch dann auf, wenn die Stimmlippen den Kehlkopfeingang nicht vollständig verschließen, das Gaumensegel den Nasenrachen nicht komplett abschließt, oder die Schluckfrequenz herabgesetzt ist.
Patienten die mit einer Trachealkanüle versorgt wurden zeigen in dieser Phase ebenfalls eine Dysphagie.

 

Ösophageale Phase:

Schluckstörungen kommen hier immer dann vor, wenn die Nahrung beispielsweise durch eine Peristaltikstörung nicht, oder sehr stark verzögert zum Mageneingang transportiert wird, der obere oder untere Speiseröhrenbereich path. verengt oder erweitert ist, organische Veränderungen der Speiseröhre ( Varizen, Ventrikel, Tumore ) ein mechanisches Hindernis für den ungehinderten Nahrungstransport darstellen.

 

Leitsymptome bei Dysphagien:

  • Exsikkose ( Unterversorgung des Körpers mit Flüssigkeit )
  • Xerostomie ( Mundtrockenheit )
  • Kachexie ( path. Gewichtsverlust )
  • Hustenreiz häufig während und anhaltend nach dem Essen
  • Lange Mahlzeiten ( Betroffenen benötigen sehr viel Zeit zum Essen)
  • Atemgeräusche ( Brodeln) während und nach den Mahlzeiten
  • Pneumonien ( Entzündung der Lunge )
  • Fieber
  • Allgemeinzustand der Betroffenen ist gemindert
Teller mit Gemüse

Die logopädische Behandlung

Die logopädische Behandlung findet immer nach interdisziplinärer Diagnostik gemeinsam mit dem behandelndem Neurologen, Facharzt für HNO, oder Medizinern anderer Fachrichtungen bereits in der Klinik, Praxis oder auch dem häuslichen Umfeld des Patienten statt.

 

Ziel der Behandlung

Das allgemeine Behandlungsziel ist, dem Patienten eine körperlich und / oder medizinisch ausreichende Ernährung zu ermöglichen, die Schluckfunktion zu erhalten bzw. wieder zu erlernen und somit dessen Lebensqualität zu steigern und dessen Selbstbestimmungsrecht zu erhalten. Die Patienten, deren Angehörige und Pflegekräfte bei der Ernährung anzuleiten und zu unterstützen.

 

Die therapeutischen Verfahren lassen sich in drei Gruppen unterteilen, welche in einer qualifizierten Therapie immer miteinander kombiniert werden:

 

Kausalen Verfahren ( indirekt )

  • z.B. Schluckreflextriggerung nach F.O.T.T.
  • thermische Stimulation

Die kausalen Therapiemethoden haben die partielle oder vollständige Wiederherstellung der beeinträchtigten motorischen und sensomotorischen Funktionen zum Ziel. Die Therapie dieser Praxis ist neurophysiologisch ausgerichtet. So wird nach F.O.T.T. Kay Coombes, Bobath und C. Morales gearbeitet.

 

Kompensatorischen Verfahren (direkt)

  • Schlucktechniken
  • Haltungsänderung
  • Postitionierung der Nahrung

Die kompensatorischen Maßnahmen sollen das Schlucken durch die Anwendung und das Erlernen von Ersatzstrategien ermöglichen und erleichtern, ohne kausal die Schluckstörung zu beeinflussen. Therapieansatz nach F.O.T.T, Bartolome und Hotzenköcherle.

 

Adaptierende Verfahren

  • Diätetik
  • Hilfsmittelversorgung

Die adaptierenden Verfahren und Hilfsmittel dienen dazu, die Nahrungszuführung zu erleichtern. Es werden Eß- und Trinkhilfen verwendet.

 

Zeitpunkt und Dauer der Behandlung

Die logopädische Therapie sollte so frühzeitig wie möglich beginnen, d.h. bei neurologischen Erkrankungen schon in der Akut- bzw. Anfangsphase, sobald es der Allgemeinzustand des Patienten erlaubt.

 

Eine Therapieeinheit wird in der Regel mit 45 Minuten (inkl. Vor- und Nachbereitungszeit) verordnet. In Einzelfällen sind auch Therapieeinheiten von 30 Minuten oder 60 Minuten sinnvoll (in Abhängigkeit von der Therapiehäufigkeit und der Konzentrationsfähigkeit bzw. Vigilanz des Patienten). Teilweise werden auch Intensivtherapien (tägliche Therapieeinheiten) durchgeführt.

 

Die Häufigkeit der Therapie

pro Woche ist abhängig vom Allgemeinzustand des Patienten und der Phase der Erkrankung:

Akutphase: 5-7 mal pro Woche/ mehrmals täglich

Rehabilitationsphase: 5-7 mal pro Woche

Konsolidierungsphase: 5 mal pro Woche

Langzeitbehandlung: 1-2 mal pro Woche und individuell vereinbar.